Die alte Freundin Unsicherheit


„Die Zeit packt meine Koffer schon so lang bevor ich geh
Denn die Regie führt das Leben und der Zufall auf dem Weg
Was ich brauch kann man nicht kaufen, das trifft man unterwegs

Alles steht so auf Anfang, alles fliegt und nichts ist fest
Nur die Lichter auf der Rollbahn und der harte Airline Sitz
Sie wird immer bei uns sein, alte Freundin Unsicherheit"


Es gibt Lieder, die mich tief berühren.
Der Song "Die Regie" von Bosse ist einer davon.

Es erinnert mich daran:
Ich muss nicht alles wissen.
Ich muss nicht alles kontrollieren.

Nicht als Mensch – und auch nicht als Coach, Facilitator oder Trainer.

Wie oft verlieren wir uns im Streben nach Orientierung und Sicherheit, nach der richtigen Entscheidung, dem richtigen Handeln, dem richtigen Leben.

Je höher unsere Erwartungen an uns und die Welt, desto mehr müssen wir unsere Perfektionsansprüche verwalten. Sonst wird das Leben zu einer endlosen To-Do-Liste. Statt zu einem offenen Feld für Erfahrungen.

Aber unsere Aufgabe ist nicht, alles zu durchdenken und abzusichern.
Sondern manchmal einfach zu bleiben und zu fühlen.

Auch – oder gerade – wenn es unklar, chaotisch oder schmerzhaft ist.
„Sie wird immer bei uns sein – alte Freundin Unsicherheit“

Ich liebe diesen Satz.
Vielleicht, weil er mich durchatmen lässt. Weil er mir erlaubt zu akzeptieren, was ist.

In meiner Arbeit mit Klient:innen spüre ich, wie viel Druck entsteht aus dem Gedanken heraus, man müsse wissen, wie "es richtig" geht.

Aber was, wenn wir genau damit lernen zu sein – mit dem Nichtwissen?
Was, wenn Unsicherheit nicht unser Feind ist, sondern ein Zeichen von Lebendigkeit?

Denn: Die Regie führt auch das Leben.
Der Zufall. Und die Zeit.


In meinem Coaching-Raum darf Unsicherheit da sein.
Sie gehört zur Reise.

Was es dafür braucht:
Hinspüren statt Wegrennen.
Aushalten statt immer Optimieren.
Neugierige Fragen statt vorschnelle Antworten.


„Was ich brauch kann man nicht kaufen – das trifft man unterwegs“

Wenn wir aufhören zu suchen, finden wir oft das, was wirklich zählt.

Nicht die perfekte Lösung.
Sondern ein Gefühl von Verbindung.
Zu uns selbst.
Zum Moment.
Zum Leben, wie es jetzt gerade ist.

Und ja – das ist nicht bequem.
Aber es ist ehrlich.

Wenn du also gerade mittendrin bist – im Chaos, im Übergang, im Nichtwissen:
Sei sanft mit dir.
Sei wirklich da – mit all deinen Emotionen.

Und vielleicht – ganz langsam –
beginne sie zu begrüßen:
die Unsicherheit.

Wie eine alte Freundin, die dich begleitet. Und dir etwas Wichtiges sagen will.